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In verschiedenen Kulturen spielen Tiere eine Rolle des 'Trickster', eines pfiffigen Kerlchens, das oft eher schmächtig in jedem Fall aber schlau die Dinge für sich zu wenden versteht. Diese Geschichten werden schnell von Kindern verstanden, denn sie müssen gewitzt und erfinderisch sein, um den übermächtig scheinenden Erwachsenen nicht völlig hilflos ausgeliefert zu sein. Wer zuletzt lacht... Ein solcher Trickster ist z.B. das Kanchil aus Malaysia. Buchtips [http://www.saffrontree.org/2012/10/tales-of-kanchil-trickster.html Tales of Kanchil] [http://www.kirkusreviews.com/book-reviews/nathan-kumar-scott/great-race-scott/ Review] Hier eine Fassung auf Deutsch, nacherzählt von Peter Bachler ---- '''Das heilige Bananenblatt''' Kanchil war überglücklich! Er verspeiste gerade süße Reiskuchen, die er am Markt gekauft hatte. Die kleinen Kuchen waren in ein Bananenblatt gewickelt und dufteten nach Honig und feinen Gewürzen. Sie zergingen auf der Zunge uns schmeckten so gut! Ach, wie war das Leben schön hier im Wald, mit einem Paket voller köstlicher Reiskuchen! Das war es, was Kanchil eben gedacht und gefühlt hatte als plötzlich! ... Flusch! ... er in eine tiefe Grube fiel! In ein furchtbar tiefes, dunkles Loch. Weit über sich sah er einen kreisrunden Ausschnitt Wald und Himmel. Die Grube war so tief, dass Kanchil sie niemals aus eigener Kraft würde verlassen können. Er war gefangen in einer tödlichen Falle! Er versuchte zwar an den Rändern hochzuklettern, aber es war glitschig und glatt und - unmöglich. Verzweifelt rief er um Hilfe, aber niemand schien ihn zu hören. „Wie lange werde ich wohl hier gefangen sein?“ dachte Kanchil. "Vielleicht bis ans Ende der Welt?" Schhh, schhh, schhh - was war das, dieses verdächtige Geräusch da oben? Und dann sah er auch schon ihren großen Kopf, der sich neugierig über den Grubenrand schob. Es war Ular, die Riesenschlange, auf der Suche nach etwas Essbarem. „Kleiner Kanchil, was machst du so alleine da unten in der Grube?“ fragte sie ihn, und das Wasser lief ihr im Maul zusammen. „Hast du es nicht gehört? Hat es dir niemand gesagt? Heute ist das Ende der Welt! Aber nicht für mich. Ich bin sicher hier unten!“ antwortete Kanchil. „Woher weißt du das?“ fragte Ular, der niemand etwas vom Ende der Welt erzählt hatte. „Es steht hier, genau hier, auf diesem heiligen Bananenblatt!“ und Kanchil zeigte auf ein Stelle des Bananenblattes, das immer noch klebrig war vom süßen Reiskuchen. „Heiliges Bananenblatt?“ fragte die Schlange und runzelte ein bisschen ihre schuppige Stirn. „Ja, ganz richtig. Das ewige, heilige Bananenblatt unseres Waldes! Hier, ich lese dir die Stelle vor.“ Und sehr konzentriert starrte Kanchil auf das Blatt und las: ''„Heute, an diesem Tag und auf diese Weise endet für die ganze Welt die Reise! Der Himmel stürzt und erschlägt sie alle! Bis auf die Wenigen, am Grund der Falle.“'' „Oh nein! Oh nein!“ jammerte die Riesenschlange. „Ich will nicht vom herabfallenden Himmel erschlagen werden, ich möchte das Ende der Welt überleben. Kann ich zu dir in die Grube kommen?“ "Ich würde dich schon lassen - aber! - hier auf dem heiligen Bananenblatt steht, man kann nur unter einer einzigen Bedingung in die rettende Grube. Man darf auf keinen Fall niesen! Wer niest, der wird aus der Grube geworfen! Darum tut es mir leid, du kannst nicht runterkommen, du wirst sicher niesen, wie ich dich kenne!“ „Nein, Kanchil, ganz gewiss! Ich niese nicht!“ und mit diesen Worten ließ sich die große Schlange in die Grube fallen. Gerade als sie sich neben Kanchil zusammengeringelt hatte, hörten sie oben am Grubenrand ein Scharren und Grunzen. Es war Babi, das Riesenwildschwein, das mit glitzernden Augen hungrig in die Grube starrte. „Was tut ihr da unten?“ fragte es erstaunt. „Wir warten auf das Ende der Welt, auf den herabfallenden Himmel, der alle Tiere des Waldes heute erschlagen wird. So prophezeit es das heilige Bananenblatt - und, dass nur die wenigen Tiere hier unten in der Grube das Ende gesund überleben werden. Hast du nicht davon gehört?“, fragte Kanchil. „Quatsch! Blödsinn!“ grunzte Babi. „Aber ... auf der anderen Seite ... ist es vielleicht doch besser, in der Grube in Sicherheit zu sein. Wartet, ich komme runter!“ „NEIN!“ schrie Ular, die Riesenschlange. „Du bist ein Riesennieser! Und Nieser dürfen nicht in die Grube, das ist ganz streng verboten. Sag´s du ihm, Kanchil!“ „Ja, Ular hat recht. Nieser dürfen keinesfalls in die Grube, denn sonst müssen auch die Tiere hier unten alle zu Grunde gehen. Also Babi, tut mir echt leid, es geht nicht!“ „Geht doch! Denn ich werde nicht niesen. Ganz bestimmt, ich verspreche es!“, und mit diesen Worten schlitterte der fette Babi die glitschige Grubenwand herab und landete beinahe auf Ular, die sich zischend enger zusammenschlang. Es dauerte nicht lange, da schob sich der Kopf von Harimau, dem Tiger, über den Grubenrand. „Was ist da unten los? Was bedeutet der Krach?“ fragte das Tier, das von allen anderen gefürchtet wird, besonders wenn es hungrig ist - so wie gerade eben in diesem Moment. „Oh, hat es dir denn niemand gesagt? Bist du etwa der einzige, der nichts davon gehört hat? Das Ende der Welt ist gekommen! Heute, genau heute, wird der Himmel auf die Erde fallen und alle Tiere des Waldes erschlagen. Nur ein paar wenige hier unten in der Grube werden überleben. Aber auf keinen Fall darf geniest werden! Und du, Harimau, bist ein Nieser, das wissen alle!“ „Nein, das ist nicht wahr! Ich kann mich beherrschen! Ich werde ganz gewiss nicht niesen, ich darf auch in die Grube!“. Und noch während er das sagte, rodelte der Tiger auf seinem Allerwertesten die glitschige Grubenwand hinab. Nun war es wirklich eng in der tiefen Grube. „Halt! Wen habe ich da niesen gehört?“ fragte bohrend Kanchil. „Warst du das, Ular?“ „Nein! Ganz gewiss nicht!“, sagte schnell die Schlange. „Dann warst du es, Babi? Du hast geniest!“. Und Kanchil blickte das große Wildschwein streng an. „Aber nicht doch! Ganz gewiss nicht!“ wehrte sich Babi verzweifelt. „Dann kannst nur du es gewesen sein, Harimau! Du bist der Nieser!“ „Ich schwöre, nein! Ich habe nicht geniest!“, fauchte der Tiger. Und dann, sehr langsam, verzog Kanchil das Gesicht, rümpfte die kleine Nase, die juckte ... und noch mehr juckte ... es war nicht mehr zum Aushalten ... so juckte die Nase und ... Kanchil nieste so unglaublich laut, wie er noch nie vorher geniest hatte. Die drei anderen Tiere in der Grube starrten Kanchil an. „DU hast geniest! Und du weißt, was auf dem heiligen Bananenblatt steht, denn du selbst hast es vorgelesen! Du kannst nicht länger in der rettenden Grube bleiben! Tut uns leid, du musst raus!“ Und alle drei gemeinsam packten den kleinen Kanchil und eins - zwei - drei! - schleuderten sie ihn aus der Grube. Welch ein Glück! Da lag sogar noch ein duftender kleiner Reiskuchen! Den steckte sich Kanchil schnell in den Mund, blickte noch einmal in die Grube, wo die drei großen hungrigen Tiere saßen. „Danke! Ihr habt mich vor dem Ende gerettet, aber jetzt muss ich los!“, und schnell, so schnell er konnte machte er sich aus dem Staub - und lachte und lachte und lachte - darüber wie klug einer doch sein konnte, der so viel kleiner und schwächer war als die großen und gefährlichen Tiere. [[category: Asia]] [[category: Trickster]] [[category: Children]]
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